Die Knallbar Diaries (3)

Für die, die mich noch nicht kennen – viele dürften es nicht mehr sein -: Mein Name ist Lew-Andre Knallbar. Beruf: (seit neustem) Bestseller-Autor. Verheiratet. Ja, Kinder.

Gestern noch T. getroffen. Hat mein Stammlokal als Treffpunkt vorgeschlagen, ohne zu wissen, dass es mein Stammlokal ist. Hab auch nichts gesagt. Sag ich auch euch nicht. Ist eh immer voll. Vielleicht hat er was gemerkt, wegen der freundschaftlichen Begrüßung des Wirt. Na ja.
War ganz in Ordnung, unser kleines tete à tete. (weiß leider nicht, wie man diesen beknackten accent circonflex hinkriegt. Oder wie das Ding über dem Tete e heißt.)

T. wollte, entgegen meiner Vermutung, kein Geld. Aber er schlug eine Zusammenarbeit vor. Für ein Theaterstück. Was mit Flüchtlingen, no na, und über die Werte Europas, und ich sagte, ja, da müsse man was tun, denn der Euro fucke doch immer mehr ab. Fand er nicht lustig. Ich schon. Und aus Revanchegelüsten fragte ich ihn, wieviele Flüchtlinge er denn auf seinem enormen Anwesen untergebracht habe, und da wurds auf einmal etwas ruhiger, und sein berühmter Marionettenkiefer klackte. Dann wechselte ich das Thema.
Ich sagte ihm, er solle etwas mehr Sport machen, er gehe ja völlig aus dem Leim, das sei bereits ein Anlass zur Fremdscham, seine Titten. Körbchengröße Dolly Buster. Mit 92. Fand er bedenkenswert, beklagte aber Alter und Zeitnot. Schätze, er hat den Siebziger bereits hinter sich. Da kommt Zeitnot auf, das ist richtig.

Ich erzählte ihm dann von meiner Filmidee, die ich inzwischen weitergesponnen hatte. Der Selbstmordattentäter in spe, der sich im Zoo in die Luft jagen wollte – ich berichtete gestern darüber -,  und sich auf Recherche in einen homosexuellen Schimpansen verliebt hatte und deswegen von seinem Attentatvorhaben abließ und stattdessen den Affen befreien wollte, der erfährt nun (sein Name ist Hans, weil seine Mutter Deutsche ist), dass seine Dschihadistenkumpels rausgefunden hatten, dass mit ihm was nicht stimmte, und deswegen einen anderen Attentäter  für die Zoosprengung bestimmt hatten. Der hat nun echt ein Problem, der Hans, mein Lieber.
Ich fragte T., was er davon hielte, und er druckste herum und wollte nicht raus mit der Sprache, aber dann kam glücklicherweise K. zu uns an den Tisch.  K. hatte gerade einen Roman veröffentlicht, den ich bei Amazon angelesen hatte. Er war Mist, genau wie meiner, aber meiner verkaufte sich besser, und sie wusste das, sie brauchte nur bei Amazon nachschauen. „Verreckt“ hatte eine einzige vernichtende Rezension auf Amazon, und ich vermute, dass die von K. stammt oder dass sie etwas damit zu tun hat. So läuft das in diesem business. Man hämmert sich auf Amazon gegenseitig miese Rezen rein.
Ich finds gut. Man gönnt sich ja sonst nix.
K. hat in der Stadt so ziemlich überall die Literuterus-Tipperfingerchen drin, sitzt in ihrem Häuschen auf dem Lande und versucht uns mit ihren Kolumnen moralisch einzuheizen. You know: Flüchtlinge. Was sonst.

Schätze, sie würde nicht mit mir reden, wenn nicht „Verreckt“ sich besser verkaufen würde als ihr Ding.
Als ich ging, waren T. und K.schon richtig am bechern. Da hatte sich zwei gefunden. T. konnte sich ja einen BH von K. ausleihen. Ich ging nach Hause und lud meine Familie zum Mexikaner ein. Mein Verleger rief an, aber ich hob nicht ab.
Das mit dem Theater und T., würde wohl nichts werden. Der Tag hatte also auch was Gutes.
Kurz vorm Einschlafen werfe ich noch eine Blick auf den Kontostand: Fuckin’ Himmlisch.