Krank in Austria

Gestern  weigerte sich ein Wiener Busfahrer ein eisschleckendes Kind in den Bus einsteigen zu lassen. Es kam zum einem Disput mit dem Vater, der Busfahrer stieg aus, rief die Polizei, die mit rotierendem Blaulicht heranraste und… irgendwie… nichts tun konnte.
Ist das lustig? Nein – Österreich.
Denn eigentlich ist es verboten in Öffis zu spachteln. Aber niemand käme in den Duftwolken von Leberkässemmeln und billiger Pizza auf die Idee, dass dem so sein könnte.

Nun zu was ganz anderem vom Gleichen.

Neulich nannte der Schriftsteller Robert Menasse in einer Talkrunde den „Rauchersheriff“ Gerald N., der über 1000 Anzeigen gegen Lokale, die sich nicht an die Nichtraucherbestimmungen hielten, einbrachte, „krank“.
Jawolll. Krank soll der Mann sein, denn er hielt die österreichische Gepflogenheit – durch die ewige GROKO befeuert -, dass Gesetze zwar erlassen, aber nicht exekutiert werden, irgendwie nicht mehr aus. Er wehrte sich dagegen. Zugegeben – etwas exzessiv.
Das findet Robert Menasse „krank“.

Ich denke, man kann davon ausgehen, dass es andere Gesetze gibt, die nicht exekutiert werden, und dass dies dem Herrn Menasse gar nicht passt. Aber das sind dann eben wichtige Gesetze, während es andere gibt, die nicht so wichtig sind (Menasse ist Raucher). Und welche wichtig sind, das bestimmt immer noch der, der es sich am besten gerichtet hat.

Dass vielleicht nicht der „Rauchersheriff“ krank ist, sondern die österreichische Unart mit Gesetzen umzugehen, diese Erkenntnis hätte der Intelligenz eines Menasse zugemutet werden können.

Aber man irrt sich halt.

Das Sprüchemuseum (60)

Was ich mit dem dummen Stolz meiner jungen Jahre hingenommen hatte, wollte ich mir nach dem Krieg aus nachwachsender Scham verschweigen.»

Günter Grass-Zitat aus dem Abdankungsgerede von John „nur fette Bücher sind gute Bücher“ Irving.

Wir sagen: Der war gut, Günter, so macht man das. Wenn du der gewesen wärst, für den du dich gehalten hast – und für den dich deine Adoranten noch immer halten-, hättest du gesagt: Ich war ein junger Kerl, ich fands aufregend, ja, ich war bei der SS.

Meinung versus Völkerverständigung

Gestern erschien der Chef des deutschen PEN-Clubs, Josef Haslinger, im TV und erklärte, warum er und etwa 200 andere PEN-Autoren, gegen die Vergabe des Preises für Meinungsfreiheit an Charlie Hebdo protestieren und der Preisverleihung fernbleiben.

Es stellte sich heraus, dass Haslinger – und die anderen- fanden, dass dies nicht der Völkerverständigung diene, wenn Charlie, der sich mit so ziemlich allen und jedem anlegt, den Preis zugesprochen wird.

Wir in der Redaktion fanden, dass dies ein ausgezeichnetes Argument ist – nicht alle, um die Wahrheit zu sagen, denn der Oldie verzog sich auf die Toilette, wo wir ihn kotzen hörten -, wenn man gegen die Verleihung des Preises für Meinungsfreiheit, mit der fehlenden Völkerverständigung argumentiert. Bravo.

Bei der nächsten Literaturpreisvergabe an Haslinger – die bestimmt bald wieder einmal fällig sein wird – werden wir auch protestieren. Haslinger setzt sich einfach zu wenig für Behindertensport ein.

Wollfühlen

Wieder einmal war die Redaktion aus Dobler-City zu schnell für uns. Sie macht Reklame für ein Buch von Sarah Schmidt „Eine Tonne für Frau Scholz“, ein Roman für alle Berliner und die, die es unter keinen Umständen werden wollen, Reklame, sagte ich, und zu recht machen die das, denn dies ist ein nettes und freundliches Buch, aber das sagte ich irgendwie schon.

Und die Redaktion in Dobler-City hämmerte auch einen Link rein, denn wir auch reinwuchten, weil er zu einem humorig-wehmütigen Artikel von Sarah Schmidt führt, den wir allen ans Herz legen möchten, all jenen und jeninnen, die nicht leicht zu schockieren sind.

https://verbrecherei.wordpress.com/2015/03/19/kein-blatt-vor-dem-mund/

Uns hat der Schock leider voll erwischt, wir sind noch steif und starr davon und der Mund klafft, denn Frau Schmidt schreibt:“… aber ich möchte mir noch nicht die Schuhe ausziehen und meine Wollfüße auf die Bühne legen. Ja, das machen ältere Besucher sehr gern. Wahrscheinlich, um auszudrücken, wie wohl sie sich fühlen…»

Schuhe ausziehen … Wollsocken … das war zuviel für uns.
Wir fürchten uns kollektiv vor der nächsten Lesung, und unser Oldie hat schon mit Prügel für die Schuhauszieher gedroht. Wollfühlen hin, wollfühlen her … Es gibt noch immer Grenzen.

Klempner und Theater

Der Klempner geht nicht ins Theater, sagt er. Warum? Zuckt die Achseln, fühl mich nicht wohl, sagt er, soviele Menschen, die so tun als wären sie hier zuhause. Und da steht dann immer ein Bett auf der Bühne und die Leute brüllen einander an, nichts für mich, sagt der Klempner, kann ich zuhause auch haben. Außerdem, sagt der Klempner, tun die Theaterleute so gutmenschig und kommen einem immer mit ihrer Moral, kann ich zuhause auch haben, sagt der Klempner. Was ist den schlecht an Moral? Nichts, sagt der Klempner, aber ich bin alt genug, jedem Prediger zu misstrauen, zum Beispiel diesem Bono und dem anderen, der mit den zwei Herointoten in der Familie, dieser Moneyweg… Geldof, meinst du… ja, Geldof … die immer rumzetern ich soll mein Geld nach Afrika schicken. Warum schicken die nicht ihr eigenes? Ja, hast ja schon mal gesagt. Ist doch wahr, oder!

Der Klempner sagt, er findet es ein bisschen zu einfach und zu risikolos mit den Theatersubventionen den anderen Menschlichkeit zu predigen. Menschlichkeit, sagte der Klempner, kann man nicht verordnen, man kann sie aber vorleben.

Dann wird dir der Theatermann Nicolas Stemann gefallen, der angekündigt hat, Flüchtlinge bei sich wohnen zu lassen…
Das ist okay, sagte der Klempner, so wirds gemacht.
Er hofft, sagt der Klempner, dass Stemann dann über seine Erfahrungen berichten wird. Super, sagte er noch, danns geht’s wieder an die Arbeit, auch verstopfte und überschwemmte Scheißhäuser müssen entstopft werden, sagt der Klempner.

Max Moor teilt

Neulich saß man wieder mal bei „Stöckl“ beisammen und rettete die Welt. Denn wer könnte die Welt besser retten als Burgschauspielerinnen, Moderatoren, Fernsehwissenschaftler und Designerinnen? Wohl niemand, wenn man ehrlich ist.
Und wie es sich in diesen Tagen ziemt, wurde auch die „Flüchtlingsproblematik“ angesprochen und als Stöckl in die Runde fragte, ob denn jemand eine Lösung wisse, streckte der Schüler Max Moor keck die Hand in die Höhe und rief: „Ich. Ich weiß die Lösung!“
„Alsdann“, glaubte man von Kaiserin Stöckl zu vernehmen.
„Teilen!“, sagte der moderierende Büffelbauer. „Teilen.»

Unbestätigten Angaben zufolge, leben jetzt neben etlichen Wasserbüffeln und der Freundin von Moor, auch einige Familien aus Eritrea, Somalia und Syrien auf dem Moorschen Hof in Brandenburg. Platz genug ist ja.

Ebenfalls noch unbestätigt ist die Meldung, dass der Schriftsteller Ingo Schulze, seine wunderbar große und beinahe leere Wohnung (siehe Bild), ebenfalls mit Verfolgten aus Afrika teilt.

Selbst unser Klempner hat sich von Moors Lösung inspirieren lassen und teilt jetzt seinen Werkzeugkasten mit einem Nigerianer. Zur Zeit ist er allerdings inhaftiert, da ihn die Klempner-Innung, wegen Verdachts auf Beschäftigung von Schwarzarbeitern (kein Kalauer, aber sicher nicht!), angezeigt hat. Wien bleibt eben Wien.

Und auch ich räume gerade eine Ecke von meinem 0,78 m/2 großen Schreibtisch frei, damit ein syrischer Erzähler seinen Blog weiterführen kann.

Danke, Max, damit wäre auch dieses Problem gelöst.