Das tut mir jetzt echt leid

«Andreas Mölzer ist eine hitlergefickte paranoid-rassistische Nazidrecksau!»

Veranda Hölzer mit flitterbestickten gar solid-manieristischem Latrinendeckkbau.» )

Sollte ich das wirklich geschrieben haben, so geschah es ihm Furor eines längeren Schreibexzesses, und sollte sich jemand deswegen beleidigt fühlen, so entschuldige ich mich.

Zurücknehmen kann ich es nicht, denn für mich ist «hitlergefickte paranoid-rassistische Nazidrecksau» ein durchaus geläufiger Ausdruck, der nichts mit meiner Gesinnung, und meinem Ekel vor eigentlich untersuchungspflichtigen Figuren wie Mölzer, zu tun hat.

Andererseits kann ich sowieso nichts dazu, denn bin ich hier nur der Redakteur des Blogs und nicht der Zensor.  Okay?

Die BOLI-Frage

Gerade neulich las ich es wieder: «…auf den eintreten, der schon am Boden liegt.» Man liest es ja beinahe täglich. Ist heutztage eine der beliebtesten Allegorien von Kommentatoren. In den unerschiedlichsten Varianten.
Jetzt steuerte ein Wiener Autor eine neue Version bei: «… stürzen sich die Mitläufer wie auf ein Kommando hin auf den, der ohnehin schon am Boden liegt.»

Finde ich persönlich nicht so gut. Ich meine, sich auf jemanden zu stürzen der am Boden liegt, macht ja wohl nicht besonders viel Spaß. Man könnte sich beim Niederstürzen zum Beispiel das Knie verletzen. Wäre also von Vorteil, wenn der am Boden Liegende (im Folgenden BOLI genannt), auf einem weichen Untergrund läge. Am besten Judomatten oder sowas.

Hingegen macht Hintreten auf einen BOLI bedeutend mehr Freude. Die Verletzungsgefahr ist auch viel geringer. Hintreten auf einen, der noch nicht am Boden liegt, ist so einfach nicht. Falls man kein Kick- oder Thaiboxer ist. Ich weiß, wovon ich spreche.

Das Hintreten auf einen BOLI ist also – ausgenommen bei Kick-, Thaiboxern oder anderen Kampfsportlern – gewissermaßen eine Tautologie, denn die meisten Zeitgenossen könnten auf einen «Stehenden» gar nicht hintreten. Rein technisch. Meist will der «Stehende» beim Getretenwerden auch nicht vernünftig stillhalten. Aus diesem Grund sieht der erfahrene Straßenschläger zu, dass er gleich mal einen BOLI produziert. Runter mit dem Mistfink, und dann erst ordentlich hingetreten!

Aber so einen Kerl in die Horizontale zu kriegen, birgt ein gewißes Risiko. Ist also klüger, erst hinzu zu kommen, wenn der Manno bereits liegt.

Man kann sich auch fragen, was man mit so einem  BOLI denn überhaupt anstellen soll. Außer auf ihn einzutreten? Ihn zudecken und eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen? Blow-Job?

Jeder erfahrene BOLI weiß: Knie anziehen. Weichteile und Kopf schützen. Ellenbogen an die Seiten, Fäuste an den Kopf.
Und ansonsten gilt immer noch Göläs kraftvolles Statement: «Könnt ihr überhaupt soviel austeilen, wie ich einstecken kann?»

Auftritt Schweiz

«Es gibt keine richtige Schweiz in der falschen!», sprach einst Adorno und meinte eigentlich etwas anderes, aber es war zu spät, das Ding war draußen. Und draußen ist auch der «Auftritt Schweiz» an der Buchmesse Leipzig. Kommentatoren fanden das «so ziemlich ironisch», wobei sie auf die rot eingefärbelten Sitzbänke («Schweizer Bank») anspielten, mit denen die Kohorte der Schweizer Schreibenden im Ausland zu antichambrieren gedachte.
Ja, Freunde, so macht man das! Verniedlichung, heißt die Devise, eine Art umgekehrtes Mimikry, keine aggressiven Weltkonzerne wie Nestlé, keine Milliarden-Pharmariesen, keine Globalplayerbanken, nein, nur süße kleine ackermannfreie Bänklein, auf denen sich das düpierte Ausland ausruhen darf und – nachdenken. Köppelfrei. Z.B. über die originellen Buttons an den Revers der Schweizer Schreibenden: «Ich bin 49,7 prozentig».
Grundgütiger!
Das hat schon bei den Ösis nicht funktioniert, damals, als Haider-Schüssel die Hofburg enterten, vielmehr, unterirdisch zur Angelobung schritten, derweil auf dem Heldenplatz die Vertreter des  «guten, wahren und richtigen Österreich» der Welt zu verstehen gaben, dass diejenigen, die jetzt regierten, das «falsche, unrichtige, hässliche Österreich» war.
Nein, mes chers, so funktionierts irgendwie nicht. Und alle wissen das. Im Grunde.
Aber warum, frage ich mich, müssen die Schweizer Schreibenden nun hingehen und im Ausland auf niedlich machen?  Geht’s ums Geschäft? Ist es so schwer auszuhalten, dass sich die Mehrheit der Austeritätsschweizer einmal ein saftiges Ressentiment geleistet hat? Medium rare. Tun sie sich jetzt fremdschämen? Wie ich mich fremdschäme für die Verniedlicher und Antichambrierer-Kollegen.
Warum können die Schweizer Schreibenden ihr Land nicht einfach hassen, wie jeder anständige Wiener auch?
Warum fühlen sie sich verantwortlich für den als Wahl getarnten Shitstorm der Landsleute? Warum glauben sie, versagt zu haben? Irgendwie.
Glauben sie, dass es einen Malermeister aus Schwammendingen und den Innerrhödler Glunggenpuur interessiert, was blutjunge wahnsinnig attraktive Töchter aus linkem Zürcher Immobilienerbenmilieu, wohnhaft zu Berlin, zur Lage der Nation schreiben tun?
Halten sich die Schreibenden für moralische Instanzen? Sozusagen die Alice Schwarzers der «Richtigen Schweiz»?
Ehrlich gesagt: Wurscht.

Was es tatsächlich gibt, ist eine «andere Schweiz», zumindest was die Literatur angeht. Eine Literatur der Außenseiter, der Anti-Antichambrier, eine Literatur, hergestellt von Leuten denen der edelkorumpierte, sich immer mehr dem Pastoralen hinneigenden Literaturbetrieb am Glutäus maximus vorbeiging und vorbei gegangen wäre, Schriftsteller, die kompromisslos ihr Ding machten.
Ja, diese guten Schweizer Eigenschaften: Eigensinn, Einzelgängertum, Radikalität, Unbestechlichkeit und Freiheitsliebe. Und man muss nicht mal Blaise Cendrars heranwinken, nicht Friedrich Glauser oder Hans Morgenthaler, Robert Walser oder den Ludwig Hohl in seinem Kellerloch (den ich allen ans Herz legen möchte), nein, es reicht, sich den eben bei Suhrkamp erschienen Band von Paul NIzon zu besorgen, diese Exzerpte aus seinen Journalen von 1960 bis in die Nuller-Jahre.


Herrgottsack! Der Mann ist 85 und zeigt noch nicht die kleinsten Ermüdungserscheinungen, immer noch zu Fuß in «seinem» Paris unterwegs, wo er seit den 70-ern lebt. Kompromisslos, aufrichtig, ehrlich und neugierig, und jede seiner Zeilen ist von wirklichem Leben infiziert. Man liest die Dinger, und eines ist sicher: Man will es selber wieder wissen!

Alors: Lisez Paul Nizon!

Wie es kommen wird

In unserer Redaktion wird pausenlos diskutiert und es werden Szenarien für den Verlauf der Russland-Krise (denn das ist es ja) entworfen. Die Meinungen gehen auseinander. Das Szenario unserer 16-jährigen Türsteherpraktikantin, die ihren Namen nicht genannt haben will, schien uns am interessansten. Hier ihr Entwurf im Schnelldurchlauf:

Die Krimsache ist durch. Russisch. Unterdrückung der Ukrainer. Die EU hat zugesehen. Will nichts machen. Die Sanktionen gegen Russland sind vor allem symbolisch. In den baltischen Staaten wankt die russische Minderheit siegestrunken auf die Straßen, randaliert. Die Polizei greift ein. Putin sieht Russen im Ausland in Gefahr. Truppen marschieren auf. Hat ja schon einmal geklappt. Die EU sieht zu. Die Konjunktur, die Wirtschaftslage, das zarte Pflänzchen, darf nicht gefährdet werden. Auch die österreichischen Banken antichambrieren. Sie haben noch 150 Milliarden Kredite bei den Russen ausstehend. Also sicher keine Sanktionen. Sonst muss der Steuerzahler … Sie wissen schon …
Charkow wird russisch. An der Grenze zu Polen Truppen. Die EU sieht zu. Scheiß auf die Werte. Die Wirtschaft, you know …
In Kitzbühl und Crans Montanas vergnügen sich Russen auf den Schipisten und saufen sich in den Lokalen die Hucke voll. Von Anti-Kriegs Demonstranten durch massive Polizeieinheiten geschützt, die auch vor Gewalteinsätzen nicht zurüchschrecken.
In den Talkshows marschieren unter der Führung von Matthias «Ich bin wohl homophob» Mattusek verschiedene fundamental-katholische Büchnerpreisträger auf, und geißeln das gottlose Europa, das nun seine gerechte Strafe einfährt. (Der Büchnerpreis wird nur noch an Schwarzkatholiken verliehen.)
Die Auftritte diverser europäischer «Chemical-Alis»  mehren sich. (Wer erinnert sich an Cemical-Ali? Den irakischen Verteidigungsminister, der, während ihm in Bagdad schon die amerikanischen Panzer über die Füße rollten, vom Sieg der Irakis gegen den «Teufel» sprach?)
Ihr Credo: Putin wird sicher nicht gegen seine wirtschaftlichen Interessen handeln …
.
In Wien beschmiert ein Aktivist die russisch orthodoxe Kirche und der Nerz einer russischen Kirchgängerin kriegt auch was ab. Putin sieht Russen in Wien bedroht …

Bevor der Krieg kommt,

sollte man vielleicht noch diesen Artikel von Andrzej Stasiuk lesen:

http://www.welt.de/kultur/article124265016/Europa-stirbt-aus-Angst-um-seinen-Wohlstand.html

Literaturpreise

Der 85-Jährige Schriftsteller Paul Nizon hat neulich den Schweizer «Grand Prix Literatur 2014» erhalten. Es traf für einmal nicht den Falschen.
Das konnte die Literaturpreisszene natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Soviel Welthaltigkeit. Daher wurde dem Chef der CH-Literatur, dem Wanderer Franz Hohler, auch gleich wieder einer umgehängt. Der Johann Peter Hebel Preis.
Ist erst der dritte in 2014.
Das Jahr ist noch jung. Da kann sich noch was tun. In der Redaktion werden Wetten abgeschlossen, wieviele es bis Jahresende noch werden.
2013 waren es nur deren lausige 2.
Da hat die Literaturszene im Jahr 2014 mächtig Aufholbedarf …

Bullshit of the week

Muss man im Krieg gewesen sein, um über Krieg zu schreiben?
Nö, muss man nicht.
Wenn der Romancier und Kriminalschriftsteller James Lee Burke seinen Helden Dave Robicheaux über Vietnam halluzinieren lässt, dann wird daraus Literatur. Und Burke war nicht in Vietnam. Aber viele seiner Bekannten, Freunde und Verwandten. Kann man ja mal fragen, oder?

Der Kölner Autor Frank Schätzing, der schon einen ansehnlichen Stapel unlesbares Zeugs hinterlassen hat, kann das natürlich auch, den Krieg, und das Magazin der «Zeit» ist auch zur Stelle, um eine mehrseitige Kostprobe von Schätzings «Breaking News» dem geneigten Lesenden zu offerieren. Tja. Was soll man sagen? Bestseller wurde das Geschreibe auch noch. Numero uno.
Hier ein paar Blüten a su gusto:

«Damit würden sie eine Welle Lärm vor sich herschieben …» (Jetzt muss man die Scheißwellen auch noch schieben)
«Einen trügerischen Moment lang scheint es …» ( Werden nun schon Momente kriminell?)
«Und weil er nicht anders kann, hält er in einem Reflex mit der Kamera drauf …» (Hab gedacht, ein Reflex sei eine unwillkürliche Reaktion auf einen Reiz. Wie man sich täuschen kann …)
– «Ihr Körper kommt ihr vor wie der sprichwörtliche Porzellanladen nach dem Besuch des Elefanten …»(Grundgütiger!)
«Aber es ist ein Unterschied, von einem Trainer verdroschen zu werden, dem du im Zweifel ein paar zurückverpassen kannst, oder von einem mit Steinen gespickten Hang …» (Der Zweifel ist die Mutter des Faustkampfs! ( Muhammad Ali))
– «… reißt die Arme auseinander wie ein Gekreuzigter …» ( Das soll mir ein Gekreuzigter mal zeigen, wie er seine Arme auseinander reißt. Damit hätte selbst der arme Jesus seine Schwierigkeiten gehabt)
«… die Angst packt sie mit eisigen Klauen.» (Do sag i nix derzue)
«Eine Walze aus Feuer, Steinen und Staub breitet sich nach allen Seiten aus …» (Überall die sich ausbreitenden Walzen. Sind echt ein Problem.)
«Alles entrückt in weite Ferne, als würde eine Glocke über ihn gestülpt …» (Da schweig ich still)

Und das, mi amigos, ist nur eine Auswahl. Von zwei Seiten Magazin. Ließe sich jeder Zeit erweitern, sin problemas.

Be brave and stupid, buy this book!

Lesende und Gelesene

An der diesjährigen Leipziger Buchmesse werden am Stand der österreichischen IG-AutorInnen, 600 Neuerscheinungen der Jahre 2013/14 präsentiert. Nicht mitgezählt die Produktionen der größeren österreichischen Staats-Verlage, die sich einzelne oder Gemeinschaftstände leisten können und wollen.

Auch unser kleines familienfreundliches Unternehmen «Songdog», ist mit 2 Biachln vertreten. (Glauben wir zumindest.)
600 Neuerscheinung aus Klein und Kleinstverlagen? Wer würde da nicht jubeln?
Was für ein Land, dieses Österreich, wird allerorten ehrfürchtig geraunt, wie schaffen die das bloß?
Ein Kulturland halt: Opernball, Schifahren, gefühlte 850 staatlich subventionierte Kleinverlage, das macht schon was her.

Natürlich gibt es auch Skeptiker. Neider. Defätisten. Sie sagen: «Gibt es in diesem Land überhaupt 600 Leser? Also richtige Leser, solche, die außer dem neuen Krimi von Frau Rossmann und dem neuesten Ratgeber für die Bobos von Frau Knecht auch sonst noch etwas lesen?»

Perfid. Fies. Unter jeder Sau.  Wie gesagt: Defätisten. Können vermutlich selber nicht lesen, diese Pfeifen. Oder haben schon lange keine Subis mehr gekriegt und sind schon ganz grün vor Neid. Grün, versteht ihr? Habt ihr’s geknissen?

Auch unsere Readaktion ist bereits vom Kritizismus angekränkelt. Wir wollen jetzt keine Namen nennen. Aber das wachsame Auge unserer blutjungen Türsteherpraktikantin hat die Verdächtigen bereits erspäht. Hinter vorgehaltener Hand wird über einen Austritt aus den IG-Autoren getuschelt. Hört man hintenrum.
Keine Ahnung, wer das wieder aufgebracht hat.

Keine 600 Leser in Austria! Pahhh! Da lachen ja die Bestenlistenersteller. Wie zum Beispiel jene des ORF, wo die Bestseller schon vor Erscheinen des Buches bekannt gegeben werden.

Tja. Wie sagte die Grande Dame aller Neider und Neiderinnnen, die Elfriede Jelinek: «Ich will mit dem Literarturbetrieb nichts mehr zu haben!»
Hhha. Das sagt wohl alles! Das braucht man nicht mehr zu kommentieren, das spricht für sich selber, so einer Neideraussage …

Nur unser Oldie meinte, man könnte ja mal einen Blick auf diese Homepage werfen, und das ganze Interview mit Frau Jelinek lesen.

Also gut. Meinetwegen:

http://fiktion.cc

Kriegt halt immer eine Extrawurst gebraten, der Alte …