Gunst und Ginstler

Mein Umgang mit der Menschheit ist nicht friktionsfrei. Ich versuche ihn daher runterzudimmen wie einen betrunkenen HMI in einem Stück von Strindberg oder auszudünnen, wie die alte Hure den räudigen Pelz in ihrer Bikinizone. Ansonsten habe ich Umgang mit ganz gewöhnlichen Menschen: Kassiererinnen, Schustern, Kindern, Trafikanten, Fitnesstrainern, Angebern, Quatschköppen, Streithanseln, Weinverkäufern und Friseuren. Aber manchmal auch: mit Künstlern.

Es gibt welche, die sind wie ich, und haben in etwa denselben Umgang. Aber es gibt auch welche, die ausschließlich mit Künstlern verkehren. Sie haben ihr Leben der Kunst gewidmet. Sie atmen gewissermaßen Kunst, sie kennen alle und jeden, und wenn man mit ihnen spricht, besteht die Unterhaltung aus einem nichtendenden Namedroping, die Namen der Berühmtheiten tröpfeln aus ihnen heraus, wie aus einem ausgeleierten Wasserhahn in einem Pimperzimmer von bolivianischen Kumpeln aus’m Bleibergwerk. Das macht Spass. So an die 14 Minuten.

Wenn man sie fragen würde, was ein Hamstrings ist oder ein Quadrizeps, hielten sie es für diese altgriechische Gedichtform, von der ihr Freund Genanzino neulich mit ihrem guten Kumpel Christiane Hörbiger gesprochen hat.

Wenn sie Spaghetti «Alio/Olio» verdrücken, fällt ihnen sofort die aufregende Story ein, wie sich ihr guter Freund Mario Adorf fast die Eierstöcke am Kochwasser verbrüht hat … oder war’s doch H.C. Artmann, dem die Brille ins Krügerl-Schnapsglas fiel, damals, als er gerade ihr Trauzeuge sein sollte und dann doch lieber dem Pfarrer an die Wäsche wollte?

Sagt man, z. B., Hodenkrebs, dann schwallen sie gleich ab, und haben eine Geschichte parat, die von den drei Eiern der Senta Berger handelt, und wie ihr neulich eins runtergefallen ist, so flutsch-kabutsch, das linke Hosenbein runter, und dann direkt vor dem Maul des unvollständig kastrierten Säbelzahntigernachkommen «Guzzihupp» landete, dem überintelligenten Kater eines Enkels von Paul Klee, der mal im Suff (der Kater), einen Miro kopierte, der dann fälschlicherweise Beltracchi zugeordnet wurde.

Tja, und so geht’s mit ihnen dahin, diesen Künstlern. Wenn sie wieder gehen, will man zwei Wochen von Kunst und Kultur nichts mehr wissen. Oder sinds zwei Jahre?

Man möchte nur noch zusehen, wie der Löwe das Gnubaby zerfleischt, wie das Rudel in der Dunkelheit geduckt heran schleicht, und dem Baby alle Beine abreißt.
Das ist schließlich auch Kunst, wie mein Freund Heiner Lauterbach neulich sagte, als er beim Sackkratzen einen alten zerfaserten Teddybären fand, den er vor Jahren mal seinem Sohn schenken wollte, aber dann doch lieber mit Georg Baselitz ins Hallenbad ging, wo gerade ein Film von Jimi Hendrix lief. Jimi Hendrix, mit dem Baselitz ein Groupie teilte, das später eine berühmte Okarinaspielerin wurde. Aber dann musste ihr rechter Fuß amputiert werden, da ihr auf einer Party der Tiger von Mike Tyson drauf gepinkelt hatte. Und das nur, weil der sich von der Kette losgerissen hatte, die vom zugekoksten Alan Alda nicht richtig befestigt worden war. Denn der konnte einfach nicht aufhören auf Merryl Streeps Beine zu starren, die sich gerade bückte um einen Tausender aufzuheben der Clint Eastwood runtergefallen war. Clint wollte damit den Bruder des Masseurs von Paul Auster, der ein guter Bekannter von Julian Schnabels Maniküre war, bezahlen. Auster, der wieder mal kein Kleingeld dabei hatte, weil er alles Philipp Roth borgen musste, der es mit einer Hure von den Shetland-Islands auf den Kopf hauen wollte. Diese war aber, wie sich aber herausstellte, ein Mann, und mit Tim Robbins verheiratet, der gerade in die kristallene Koksschale von William Schattner kotzte. Diese Schale war aus Swarowskisteinen zusammengenietet, die ein erleuchteter Freund von Elliots Goulds Rebbe – so tuschelt man – höchstpersönlich aus Fiona Grassers feuchtem Schmuckkästchen gezüngelt hatte.
Tja, so kanns gehen. Das kennen wir doch alle.
Machen wir uns nichts vor!