Überzeugt mich

Wenn ich mit meinen Freunden spätnachts zusammensitze, und wir guten Rotwein trinken und Bier und Whisky und Trester und Prosecco; Feigenschnaps und Apfelwein, dann, ja, dann reden wir über den Tod. Und ich bin immer auf’s Neue erstaunt, dass meine, und auch Woody Allens Haltung gegenüber dem Burschen («Meine Einstellung zum Tod ist immer noch dieselbe: Ich bin strikt dagegen!»), auf Unverständnis oder Ablehnung stößt.
Ja, ich bin dagegen. Ich bin gegen den Tod. Das erscheint töricht. Ist es auch. Aber warum soll ich nicht gegen etwas sein, nur weil dieses ‹etwas› unabänderlich ist? Scheint mir kein hinreichender Grund zu sein.
Hemingway vertrat die Ansicht, dass der Mensch, der die Herrschaft des Todes akzeptiert hat, den Tod gerne selber austeilt (wie Matatdore im Stierkampf), um sich Gott gleich zu machen. Ich pfeif auf Gott.
Ich töte nicht gerne. (Es gab und gibt auch Matadore, die nicht gerne töten.) Aber ich bin gerne dagegen. Es mag den Anschein machen, dass ich aus ‹Prinzip› dagegen bin. Das ist nicht falsch.
Ich will überzeugt werden. Wie Lucinda Williams, die in ihrem Song «Convince me» fleht: «Please, please, convince me!» Aber ich flehe nicht gerne.
Tortzdem: Überzeugt mich. Von irgendwas.
Warum, zum Beispiel, beim Abkratzen kein dicker, verlogener, pädophil katholischen Priester an meinem Lager sitzen soll? Oder warum es nicht wurscht ist, dass das Urheberrecht abgeschafft wird? Warum es die Menschheit verdient hat, weiterzumachen? Warum einige Kollegen mit Preisen in geradezu obszöner Weise zugeschüttet werden, und ich mein Leben lang arm sein soll?
Überzeugt mich. Es ist manchmal gar nicht so schwer.