Fällt mir schwer

Mich quälen mitunter die banalsten Dinge der Welt. Und ich bin selber schuld.

Neulich erzählte mir ein Freund von einer gemeinsamen Freundin, die sich dem Konsum jeglicher Massenmedien enthält. No TV, no spiegelonline, no Tageszeitung, kein Radio. Nur Bücher, und Musik von Tonträgern. Nur ich, ich bin ein newsjunkie. Ich weiß aber, dass sie recht hat. Jeder, der aus irgendwelchen Gründen, mal für einige Zeit fern der Medien lebte, weiß, dass sie recht hat. Nichts fehlt. Nichts verpasst. Gar nichts.

Es ist besser, ein Stück Holz zu nehmen und ein paar verschieden große Löcher hinein zubohren, es an die Hauswand anzubringen und abzuwarten, was passiert. Es wird etwas passieren. Garantiert. Und es wird spannend sein. Versichert mein Freund.

Und wenn ich dann im TV diese Binnenballermannorgie, anlässlich von Thessas unfreiwilliger Facebook-Party ansichtig werde, den monströsen Mob von offensichtlich grenzdebilem Jungvolk sehe (dass sich möglicherweise für das revolutionäre Potential Europas hält, wie einer der Nespresso säuft, und nun glaubt er wäre George Clooney), dann verspüre ich immer den Wunsch, der Mütter und Väter der Krakeeler («Jeheettz gehts loohos!») ansichtig zu werden. Sozusagen den Ursprung dieser kolossalen Verblödung kennenzulernen, die man uns wie Eisenreifen immer enger ums geistige Wohlbefinden schmiedet.

Wie gesagt: Ich sollte ein Stück Holz an meine Hauswand nageln, und den ganzen Rest vergessen. Warum fällt mir das nur so schwer?

Bengalisches Feuer im kalten Sternenwind

Wenn ich einmal gefragt würde – und ich hoffe doch sehr, dass dies niemals geschieht -, welche drei Cd’s ich mit auf eine einsame Insel mitnähme, dann würde ich mit der Antwort nicht eine Millisekunde zögern.

Es wäre das Gesamtwerk eines Mannes, der in seinem Leben nur drei Alben produziert hat, und seine Tourneen wegen Misserfolgs abbrach. Als ich ihn das erste Mal, in meinen Twenties, hörte, war er bereits ein paar Jahre tot.

Heute fällt mir auf, dass seine Melodien und seine Songs immer öfter in Filmen angespielt werden. Das stört mich enorm. Ich hätte ihn gerne für mich allein.

Manchmal, in meiner Zeit als Krafttrainer, spielte ich ihn vorne in der Lobby, während ich mein Feierabendbier trank, und darauf wartete, dass ich endlich zusperren konnte. Die Sportler und/oder Trinker fanden ihn und seine Songs deprimierend. Fast alle. Was mich irgendwie freute. Das menschliche Gemüt ist eine seltsam verwordaggelte Konstruktion. Aber vielleicht irre ich mich, und nur meines tickt nicht richtig.

Ich liebe den Mann. Er ist mein Bruder. Er ist unser aller Bruder. Seine Songs sind bengalische Feuer im kalten Sternenwind, und wo er zu jeder Stunde seines Lebens war und seine Songs mitbrachte, da waren wir auch einmal. Aber nicht sehr lange.

Es war eine Zeit, als es noch Götter gab, die sich die Unterhaltung von uns besorgten. Sie holten sich einige der Besten früh zu sich. Jimi, Janis, Jim und viele mehr.

Ich fürchte, Madonna wird nie sterben.

Aber noch habe ich die drei Alben. Soll sie ewig leben. Zumindest Teile von ihr.

Wie das Gemüse auf unsere Landkarten kam

Wie viele Länder erst durch Kriegsgeschehen und Gräuel in unsere Bewusstseinslandkarten geätzt werden, so bringt uns EHEC nahe, unter welch abstrusen, widerlichen und ausbeuterischen Bedingungen unsere tägliche Gurke, unsere Tomaten/Mozzarella-Platte, die gefüllten Papkrika und die leckeren Erdbeertörtchen produziert werden. Wir sahen die schockierenden Weiten der weißen Plastik-Wüsten in Südspanien, wir sahen die ausgemergelten Männer, die 16 Stunden, in schier unerträglicher Hitze, in beißendem Gestank (sahen wir nicht, können wir uns aber vorstellen) an der Arbeit für unseren Gusto verschmachten. Rechtlos. Und die Zyniker unter uns werden trocken bemerken, dass sie damit noch besser bedient sind, als in ihren Herkunftsländern.

Wenn sie dereinst, in naher Zukunft, durch unsere cleanen Straßen streifen, wie Zombies in Intensivstationen und auf der Suche nach ein wenig Linderung ihrer Qual, was werden wir dann tun?

Dem Staat unsere Dienste als Rücktransporter anbieten?

Die österreichische Post: Der einzige Auftragskiller, der vom Opfer bezahlt wird

Als ich vor zwei Jahren zwischen Wien und Wald (AR) in der Schweiz pendelte, nahm ich oft Verlagspost, Bücher, die nach Deutschland verschickt werden mussten, mit in die Schweiz, um sie dort zu verschicken. Das machte, pro Buch, ein Euro Differenz. Das ist mitunter das, was dem Verlag, abzüglich aller Kosten, pro Buch bleibt.

Das war hart genug. Aber nichts dagegen, was die Ösi-Post, seit 1. Mai gestartet hat. Es ist der Angriff eines Auftragskillers. Neulich wollte ich zwei Bücher, unter 500 Gramm, in die Schweiz verschicken. Kostete vor dem 1. Mai, economy € 5,60, jetzt: 13,80. Zwei Bücher. Ladenpreis € 14.-

Ich sandte sie dann einzeln. Da kam das Stück auf € 3,40.

Das Ziel des Kapitalismus ist das Monopol. Da bewegen wir uns zügig hin. Es sieht aus, als könnten die ganz Großen noch bestehen. Aber das ist ein Irrtum. Auch ihre Tage sind gezählt. Wir Kleinstunternehmer, die wir ungerufene Dinge produzieren, und mit unserer Produktion noch zur Lebensgrundlage anderer, kleiner Betriebe (Druckereien, usw.) beitragen, werden vom einem impotenten, auf das Viagra der öffentlichen Hand angewiesenen Riesen wie die Post, zertrampelt. (Zumindest wird es versucht)

Und wenn die dort Scheiße bauen (und das tun die!), dann darf ich mit meinen Steuern die Abfindungen der Manager und des entlassenen Personals bezahlen.

Es ist so, als würde ich aus meiner eigenen Tasche den Killer bezahlen müssen, der mir das Hirn rausblasen will.

Es mag für viele seltsam klingen, aber ich habe eine Scheißwut. Und sie geht nicht weg.