Henk’s Blog

QUATSCH MIT HENK UND HASS VOM FASS

«Poetry is a wet rag in the sink!», pflegte der alte, leider viel zu früh dahingeschiedene Chazz zu sagen, aber da mein Englisch so damisch ist, weiß ich nicht wirklich was das heißt, was aber auch vollkommen wurscht ist, denn hier ging es nicht um Poetry, sondern um eine Buchpremiere. Schon wieder, mag der angewiderte Leser sagen, aber dies ist mein gottverdammter Job: Auf Sossaieti-Iwents rumzuhängen und danach scharf zu bloggen.

Diesmal wär’s dem Meister wohl lieber gewesen, ich hätte mir ein Bein gebrochen. Und beide Arme dazu, damit ich nicht mal ein Taxi hätte rufen können, um bei dem Iwent aufzulaufen. Denn Meister Niedermann war selber geladen, und wie ich das Burschi kenne, steht der nicht drauf, wenn er auf Afterraiting-Partys beobachtet wird.

«Geschlossene Gesellschaft» stand in serifenlosen Lettern auf dem Pappschild in der Glastüre. Serifenlos, angewiderter Leser, serifenlos. Und grad nochmal: Serifenlos. Ist zur Zeit einer meiner Lieblingsworte. Macht die Buchstaben klar, halbwegs modern und schlank. Und als ich mich reingeschlichen hatte (was nun wirklich kein Kunststück war, denn ich hängte mich unbemerkt an die kleine Niedermanndelegation), bemerkte ich sofort, dass «serifenlos» sehr gut passte. Alle schlank. Bis auf Niedermann, der wieder mal auffallen musste. Nun, wo waren wir hier überhaupt?

Buchpremiere von «Österreich ist schön, oder?» Eingewandert aus der Schweiz. Herausgegeben von Christoph Brändle, Czernin Verlag, Wien.

Das konnte was werden! In den Stuhlreihen, dunkle, serifenlose Anzüge der Grauen Panther. Ich meine, selbst in der Schweiz werden sie alt oder gerade dort, was mitunter ein Jammer ist, finde ich, den diese Graue Pantherfraktionen sind überall. Auf dem Jungfraujoch genauso wie am Rheinfall, im Schwimmbad, im Zug, in der Kneipe, in der Sauna, überall diese gutgelaunten Öldies, die Vormittags um halb 10 im Zug schon mal eine Flasche Sekt köpfen, und sich eine schöne Reise prosten. Ich meine, die warn schon überall auf der Welt. Was für eine Generation! Keine hatte es so gut wie sie. Sie kannte nur einen Weg. Nach oben. Stetig. Ohne jede Unterbrechung. Und in der Krise gingen sie in Rente. Keine der bisherigen Generationen hatte es so gut wie sie. Niemand. Und da kannste zurück gehen bis zum Prediger Salomo. Oder so.

Aber bevor ich die katastrophalen Missstände anprangere, muss ich leider auch noch loben. Der Botschafter und der Verleger fassten sich in ihren Reden so kurz, dass ich aus den Augenwinkeln erkennen konnte, wie Niedermann zusammenzuckte und seine Visage vor Neid kantige Serifen kriegte. Denn so, wie die sprachen, wollte er schreiben. Aber das man muss man halt können. Klar, kurz, bildhaft.

Der Herausgeber visierte dann mit seinem Beitrag eher die Mittelstrecke an. Und schön geholleit wurde ebenfalls, wenn auch zu lange. Die Hollereirin verpasste bei ihrem Akkordeon ein ums andere Mal den Moment um den Balg zur Ruhe kommen zu lassen, und so ging’s immer weiter. Oder vielleicht ging ihr die Armkraft aus, und der linke Ärmel konnte den Balg nicht halten, was weiß ich denn schon…

Und dann kam’s. Katastrophe. Unerfahrene Caterer. Anstatt sich choreografieren zu lassen, und bereits während der letzten Töne mit den Drinks in den Saatl zu strömen und sich zu positionieren, ließ man das Publikum alle zu Ausgang ziehen, wo es ein mordsmäßiges Gedränge gab. Ich sah wie Niedermann schimpfte und fluchte. Gerade auch, weil er sich einbildet, so was viel besser zu können. Na ja, der kann halt alles besser. Glaubt er.

Ich zischte dann ein paar Gläser hervorragenden Syrah aus dem Wallis, beobachtete die serifenlose Gesellschaft und sah dem erklärten Vegetarier Niedermann zu, wie er 250 kleine Berner Würstel in den Wanst stopfte. Aber so ist der: Ein falscher Fuffi, ein Pretender und ganz und gar nicht serifenlos.

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