Der beste Morgen aller Morgen

Früh unterwegs zum Geisteszentrum, aber da war niemand, außer einem gegerbten Wesen mit toten, langen, unblonden Haaren, das wartend und rauchend, ebenfalls Einlass begehrte. Kein Licht drinnen. Tot. Dabei hätte bereits seit 10 Minuten offen sein sollen. Aber für solche Ausfälle hat man hierzulande Verständnis. Kein Verständnis darf allerdings ein Beckmesser wie ich erwarten, der kaum Verständnis aufbringt, dass man nicht pünktlich zur vereinbarten Zeit erscheint. Und sei es auch nur in die Arbeit im Gym.

Ich drehte auf der Hacke um und tauchte wieder ein in die Stille des 1. Januars, des schönsten Morgens in jedem Jahr, vernahm das Klickern der Ampeln von weit herum, als wären wir alle in einem großen Drink zu Hause, wo die Eiswürfel gegen die Glaswand schlagen, ein Geräusch, das man sonst nie vernimmt, denn niemals ist es so still in der City, wie am Neujahrsmorgen.

Ich bin ein Neujahrsmorgen-Fan. Und kein bisschen abergläubisch. Aber dass meine kleine Tochter auf das Antibiotikum reagiert hat, und nun doch nicht ins Spital muss, stimmt mich froh. Die Vorstellung, dass man in diesen kleinen, dünnen, beinahe muskellosen Arm eine Kanüle legt, warf mehr als einen Schatten auf mein Wohlbefinden. Es ist eine vertrackte Sache mit der Vaterschaft. Man leidet nun, anderen wegen. Man sorgt sich. Sonst sorge ich mich nicht besonders. Wozu auch? Ich lass es kommen.

Und eine der schönsten Geschichten die je geschrieben wurden, ist immer noch «Huckleberry Finn», und in der jener Teil, in dem sich Huck und Nigger Jim auf dem Floß den großen Strom runtertreiben lassen. Das Abenteuer erwächst aus der Kontemplation. Man muss es nicht suchen. Es ist da. Immer.

Ein gutes 2011.