Vernissagen

Ich mag Vernissagen. Ein feiner Grund sich die Füße zu vertreten und einen zu kippen. Oder zwei. Nicht zu vergessen: Man sieht da auch oft alte Freunde wieder. Oder alte Feinde. Oder man macht sich neue. Freunde, wie Feinde.

Diese Vernissage war ausnehmend gut besucht. Der Künstler, der Maler Peter Niedermair, ließ seine Gemälde an dickem Silk von den Wänden des Verwaltungsgerichtshofs baumeln. Sie soffen ab. Die Bilder. Kein Wunder. Kein richtiges Licht. Vier Meter fünfzig hohe Räume, klassizistischer Fake-Prunk, händisch gemalter Furniermarmor, und ne Menge, wirklich ne Menge Leute, die sich Häppchen in die Lauben schoben. Es war ein wenig wie in der U-Bahn. Aber nur Amateure gehen an Vernissagen um sich die Ausstellung anzusehen. Jedoch ich kannte die Sachen bereits von der Ausstellung im Schloss Ottenstein. Das machte es für mich leicht, rumzustehen, Zweigelt zu süffeln, und mich gut zu unterhalten.

Früher hab ich auf Vernissagen rumgestänkert. Mir die Hucke vollgesoffen und dummes Zeug angestellt. Warum? Schwer zu sagen. Abgesehen davon, dass ich ein Arschloch bin. Hooliganismus, vielleicht. Die Russen nennen es Osortswo. Oder so ähnlich. Tué le caffar, sagten die Franzosen zu Zeiten als Friedrich Glauser noch in der Fremdenlegion war. Sein großartiger Roman «Gourrama» handelt davon. Plötzlich ausbrechende Gewalt. Sinnlos, wie viele sagen würden. Aber «sinnlos» ist doch nur die Sinnstiftungs-Floskel der Ängstlichen. Sag ich jetzt mal.

Und am Schluss landeten wir in der sinnvollen, komfortablen Tristesse der Wienerwohnung des Schweizer Schriftstellerverbandes, zu der ein rundum verspiegelter Lift führt. Ich vermute, alle Pornoproduzenten der Welt stehen bei der Hausverwaltung Schlange. Der Drehgenehmigungen wegen.

Wie seltsam die Dinge manchmal sind.

Ich nehm jetzt ein Bad. Und nachher geh ich in die «Hacken» und koche sinnvolles Essen für sinnvoll hungrige, viel zu laute Schulkinder. So ist es immer. Nach Vernissagen.