Futblog Vlll

Kleiner Nachtrag zum Spiel: Schweiz-Spanien.

Also, eins muss mal klargestellt werden: Beim Fußball ist jeder Patriot. Warum dem so ist, müsste man vielleicht mal untersuchen, aber ich schätze, das wurde bereits getan.

Als der Gelson «Ferdi» Fernandes den Kohlrabi ins iberische Gemüsekistchen stolperte, war ich natürlich entzückt und ich war mehr als nur angetan von der klugen Reduitdisziplin meiner Landsleute, die fast alle welsch reden, und ich fühlte nachgerade Stolz, als der deutsche Kommentator (ich schaue nur mit deutschem Kommentar!), voller Bewunderung und wohl auch etwas Neid, von Senderos sprach, der den Journalisten in ihrer jeweiligen Muttersprache antwortete: Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch. Und zwar fließend. Das ist für mich: Schweiz.

Und ich kriege Sodbrennen, wenn zwischen Welschen und Deutschschweizern englisch geradebrecht wird. Das ist, verdammt noch mal, Landesverrat!

Als die EM 2008 in Wien zu Gast war, hoffte ich immer darauf, dass die Türkei verlieren möge. Warum? Weil ich Rassist bin? Antitürke? Nö, eigentlich nicht, aber die veranstalteten nach jedem Sieg einen gottverdammten Autocorso durch die Stadt, und ich hasse stupiden Lärm. Die Vuvuzelas jedwelcher Proveninez. Und jemand der einfach die Hand auf die Hupe knallt und sie dort liegen lässt, macht es sich ein bisschen zu einfach, und mir zu schwer.

Die Schweizer sollen, nach ihrem verrückten Sieg über die Spanier, ebenfalls corsiert haben. Grenzenloser Jubel erscholl aller Orten, wie man so hörte. Aber da ich ein fieser Charakter bin, musste ich im «Tagblatt» ein bisschen Wermut ins Champagnerglas träufeln. Ich finde, das gehört sich so. Das ist schweizerische Nüchternheit und Zurückhaltung. Ein wahrer Patriot jubelt nicht einfach sinnlos rum, sondern er freut sich still; von mir aus in der Besenkammer, und weiß, dass man nach vorne schauen muss.

Der schönste Torjubel ist für mich immer noch jener eines deutschen Spielers, dessen Name ich leider nicht mehr erinnere, nicht das Spiel, gar nichts. Nach einem Freistoß, den der Mann direkt ins Kreuzeck gezimmert hatte, setzte er sich auf einfach auf den Rasen und verschränkte die Arme über den Knien. Man konnte seine Freude über das Tor in sämtlichen Schaltkreisen und Röhren des Fernsehapparats nachglimmen sehen.

So sollen wir uns freuen, wir Patrioten. Still und würdig, und auch ein bisschen Melancholie soll dabei sein. Jene Melancholie, die dem Wissen um die Nichtigkeit allen menschlichen Bemühens entspringt und die der Freude erst Würze geben. Die Welt ist schon laut genug, liebe Patrioten.

Eine Antwort auf „Futblog Vlll“

  1. Danke für den blog. Die Welt ist nicht nur schon laut genug, sondern auch mitteilungsbedürftig, meinungssicher, fachkundig und klug genug und hat die angenehme Sprachlosigkeit vergangener Jahrhunderte leider abgelegt. Gilt natürlich auch für den blog und diesen Kommentar (– mußte aber mal gesagt werden)…

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