Das Wort zum Sonntag und Ben Becker

Gestern ging ich, wie beinahe täglich, an der Elisabethschule vorbei. Rechts davon befindet sich die Bank, und vorne die Kirche. Bank, Schule, Kirche: die Trinität des Abendlandes, die Dreifaltigkeit unserer Hemisphäre. Und was musste ich da sehen? Angepappt an die Lithfassäule, dort, wo vor einiger Zeit der Plakatständer mit: «Daham statt Islam» der FPÖ stand, den ich mit einem E-Mail an die Bezirksvorsteherin entfernen ließ; was stach mir da ins Holzauge wie der mit Curare vergiftete Pfeil eines ausgestopften Amazoniers?
«Ben Becker liest die Bibel».
Ben Becker, der sich für einen Schauspieler hält – Gott weiß vielleicht, warum -, tourt durch die Lande und liest dem geneigten Publikum aus der Bibel vor.
Damit des Glückes nicht genug, denn ich durfte ihn dann später noch im Fernsehen sehen, kurz bevor wir das 4-fach gemoppelte Wort zum Sonntag genießen durften, das man in Ösi-County eine Diskussion nennt. Zum Thema: Minarette, Islam, usw.
Das Ding war so entsetzlich lahm, dass ich mich auf der Seite von Andreas Mölzer fand, obschon sein Christen -und Heimatfimmel mir fürchterlich zuwider ist, aber auch zuwider war mir die ins Keifen driftende Stimme von Frau Vassiliakou, und das Geknete der rosa-fleischigen Metzger-Hände von Anas Schakfeh.
Aber wurscht. Wer Ben Becker mit der Bibel sieht, der hat auch alles andere verdient.

Ben Becker im Gespräch mit einem Herrn der Kirche. Ben Becker mit Hut. Ben Becker mit 4 (in Worten: Vier) Backgroundsängerinnen, und einem etwas unterbesetzten Symphonieorchester.
Man wurde das Gefühl nicht los, dass er sich für Nick Cave hielt, der die Offenbarungen des Johannes las. Aber er kam eher wie Andy Borg rüber, der als Joseph Beuys aufgebrezelt, aus den Memoiren vom Ratzinger Karl vortrug. Ach, was! Es gab schlimmeres. Nur was?

Ich dachte daran, was so ein Orchester mit 4 Backgroundsängerinnen auf Tour wohl so kosten könnt, all die Hotels und Dinners und Gagen und Taxis und Flüge und Duschgels und Klarinetteplättchen und Sektgläser und 4-fache Whiskeys und die kalten Buffets?
Ich kam damit nicht richtig weiter, aber eins wurde mir klar: Die Suche nach Erbauung musste groß sein. Was heißt hier groß? Enorm. Riesig. Massiv. Mega. Giga.
Nicht, dass die nach Erbauung Dürstenden sich die Bibel vom Regal krallten (so dort eine stünde), nein, sie zahlten massiv Eintritt um sich das Teil von einem Schauspieler-Imitator vorlesen zu lassen, wie kleine Kinder die Gute-Nacht-Geschichte.
Als ich mir das alles vergegenwärtigt hatte, war ich wieder mal soweit es mir einzugestehen: Alles, was auch geschehen mag, wir haben es verdient.