Dichterstubete. 3 x kurz, 3 x lang, 3 x kurz

«So eine Dichterstubete ist schön, macht aber viel Arbeit». Um mit einem abgewandelten Wort Karl Valentins zu sprechen.

Diesmal hatten wir den famosen Storyteller Alex Capus und den fehlerfrei und speedig slammenden Poeten Etrit Hasler zu Gast (dessen Vortrag von meiner 11-Jährigen Tochter als ziemlich cool empfunden wurde), zwei feine Herren, die auch mit 3-5 Mal soviel Publikumsandrang fertig geworden wären. Ich übrigens auch. Vielleicht nicht die Gulaschküche, aber da gab es ja Hilfe, und auch das hätten wir gepackt, ein paar Kilo Mehlige und Festkochende liegen noch unter dem Küchelnregal. Ebenso getrocknete Steinpilze, Liebstöckel, Muskat, Majoran, Paprika, Zwiebel; und das eigens für den Anlass geschärfte Armeekochmesser blinkte vor Zuversicht.

Also, wir hätten’s gepackt. Ohne Frage. Aber es hat wieder nicht sollen sein.
Wald liegt halt eben doch hinter den sieben Hügeln, wie St. Gallen oder Wien. Nur Woodstock scheint sehr zentral zu sein und von überall her erreichbar.

Aber ich will nicht klagen. Will ich ja nie. Aber ein wenig darüber nachdenken schon.

Voraus geschickt sei, dass es wieder ein Abend vom Feinsten war, die reine Freude, und niemand weinte, weil es nichts zu trinken gab; die 3 Dichter stubeten einmal drin und gar zweimal draußen im Garten, an dem langen, langen Tisch: drei mal kurz, dreimal lang, drei mal kurz. Die Pfadis unter uns horchen jetzt auf und spitzen die Ohren: SOS. Save our Souls.

Als gegen 16 Uhr schon etwa 10 Menschen anwesend waren, dachte ich für einen Moment an Verkehrschaos und Sessel -und Platzknappheit, aber die Herrschaften kamen, blieben ein Weilchen und gingen ein Weilchen. Einige blieben bis zum netten Ende, gegen halb 4.

Hab ich schon gesagt, dass es mir sehr gefiel? Ich glaube schon. Und als wir nur noch zu dritt waren, meine Frau, Alex Capus und ich, fragte ich den Alex nach seiner Einschätzung, warum auch sein hell klingender Name, seine Fama und Ruhmredigkeit nicht wie sonst die Massen heran gelockt hatte? Seine Antwort gab mir zu denken. Vor allem, weil sie vermutlich ziemlich frei von wohlfeiler Spekulation ist. Er meinte, so etwa im Sinne, dass es vor allem der Veranstalter ist, der Leute heran bringt, und nicht die Akteure.

Das ließ mich schlucken. Aber den Wahrheitsgehalt kann man ja an jeder Kneipe überprüfen. Es ist immer der Wirt, die Wirtin, die das Ding machen. Und das braucht auch seine Zeit. Etablierungszeit. Die hat so eine Artistlein in Residence natürlich nicht.

(Nachtrag. Ich möchte niemandem die Meinung von «On the road»-Leseprofi Franz Dobler vorenthalten: «aber auch der capus hat nur halb recht, das ist meine erfahrung, und man sollte keine der beiden hälften, von denen man gern eine vergisst, vergessen».)

Das ist irgendwie nicht nett. Aber andererseits, ich gestehe es, wohnt in dieser Einsicht auch etwas Tröstliches. Denn in der Frage, warum nicht die Massen herpilgern, kann nun eine Fehlerkomponente ausgeschlossen werden, an dieser Schraube wird nicht mehr gedreht. Es sind nicht die Namen. Das finde ich gut. Und als methodisch Arbeitender, fällt mir da auch einiges von den Schultern.

Vielleicht ergibt sich ja für der Erfinder der Dichterstubete weiterhin die Gelegenheit, sein Ding zu machen und an seiner Fama zu arbeiten, bis der Ruhm von Woodstock vollkommen verblasst ist.